Rechtsanwalt Frank Geissler 
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 Ihr Fachanwalt für Transport, Spedition und Versicherung in Hamburg und Schleswig-Holstein

 

Für die Gesellschaft und die gesamte Wirtschaft hat die Corona-Pandemie nahezu weltweit und so auch in Deutschland schon zu erheblichen Veränderungen und Umsatzeinbußen geführt.

Beeinträchtigt sind zunächst Hersteller bzw. Verkäufer und Empfänger von Wirtschaftsgütern, wie aber vor allem auch die an der supply chain beteiligten Logistikunternehmer, Spediteure, Frachtführer und Lagerhalter.

So kommt es zum einen zu einer deutlichen Verringerung des Volumens an Transportaufträgen, sowie zu Verzögerungen, u.a. wegen Ausbleibens der aus dem Ausland erwarteten Sendungen.

Nicht zuletzt führen die verstärkten Kontrollen an den inner- und außereuropäischen Grenzen zu massiven Verspätungen und hieraus resultierend auch zu Warenschäden und Vermögensschäden.

Die rechtliche Beurteilung dieser Störungen aufgrund des Corona-Virus im Bereich des Transportrechts lässt sich dabei in verschiedenen Bereichen vornehmen:  


1. Beeinträchtigung von Rahmenverträgen

Für Rahmenverträge und sonstige sog. Dauerschuldverhältnisse kommt es zunächst darauf an, ob der Vertrag eine Klausel für Fälle höherer Gewalt, zumeist als „Force Majeure“ bezeichnet, enthält.

Eine solche Klausel sieht in der Regel für die Dauer des Eintritts höherer Gewalt Haftungsfreizeichnungen, Rücktritts- und Kündigungsrechte bzw. zumindest eine Befreiung von der Erbringung der jeweiligen Leistungspflicht für die Dauer dieses Ereignisses vor.

Definiert wird die höhere Gewalt als betriebsfremdes, von außen kommende zu Ereignis, das bei Vertragsschluss unvorhersehbar war, von keiner Seite zu vertreten ist und vernünftigerweise nicht abgewendet werden kann.

Einige Klauseln benennen in abschließender Aufzählung bestimmte Ereignisse wie Erdbeben, Überschwemmungen, Streiks, Krieg oder Bürgerkrieg. Andere benennen solche nur als Beispiele.

Im Falle einer- nicht zu empfehlenden - abschließenden Aufzählung wären Folgen einer Pandemie nicht als höhere Gewalt definiert und würden entsprechend auch nicht von selbst zur Befreiung von Leistungspflichten führen.

Bei nur beispielhafter Aufzählung wird man demgegenüber den Ausbruch des Corona-Virus als ein solches Ereignis ansehen dürfen.

Dies gilt zumindest für alle Verträge, welche bis spätestens Ende Januar 2020 abgeschlossen wurden.

Bei späteren Verträgen sind zumindest die derzeit bekannten Umstände bereits bei der Bestimmung von Leistungspflichten und -fristen grundsätzlich einzubeziehen.

Sollte der Vertrag eine solche Klausel nicht enthalten, kann sich eine Befreiung von Leistungspflichten aber auf der Basis einer sog. Störung der Geschäftsgrundlage nach §§ 313, 314 BGB ergeben. Voraussetzung hierfür ist, dass beide Parteien zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses die Vorstellung gehabt haben, dass keine solche Epidemie auftritt und ein Festhalten am Vertrag für mindestens eine Seite eine unzumutbare Härte darstellen würde.  

Auf dieser Basis wären eine Kündigung des Vertrages oder zumindest eine Verschiebung von Fristen denkbar.

Entscheidend ist für beide Fälle, dass die konkrete Leistung des jeweiligen Vertragspartners tatsächlich von den Auswirkungen der Pandemie konkret betroffen ist. Dies gilt insbesondere, wenn Transportrouten nicht befahren werden dürfen, Güter von Firmen oder Personen in Risikogebieten nicht angenommen oder an diese nicht übergeben werden dürfen oder sich etwa ein Großteil der eigenen Belegschaft in Quarantäne befindet.

Besondere Bedeutung haben hierbei die vom Gesetzgeber oder den lokalen Behörden getroffenen Anordnungen, insb. die Allgemeinverfügungen.


2. Kündigung von Frachtverträgen

Im Rahmen von Frachtverträgen stellt sich die Frage, ob infolge der Auswirkungen des Virus hier die Leistungspflichten beider Seiten ausgesetzt sind.

Zu denken ist hier zunächst an die Kündigung von Frachtverträgen von Auftraggeberseite.

Kündigt der Auftraggeber, so behält der Frachtführer gemäß § 415 HGB seinen Anspruch auf die vereinbarte Fracht unter Ansatz von ersparten Aufwendungen oder kann ein Drittel der vereinbarten Vergütung als Fautfracht geltend machen.

Die Vorschrift verlangt, dass die Ursache der Kündigung nicht aus der sog. Risikosphäre des Frachtführers stammt. Gleiches gilt gemäß § 419 Abs. 4 HGB, wenn sich das Hindernis erst nach Beginn der Beförderung zeigt. Hier besteht ein Anspruch auf die sog. Distanzfracht für den bereits zurückgelegten Teil der Strecke und ggf. noch Standgeld für Wartezeiten.

Dabei ist umstritten, ob im Falle höherer Gewalt - das Risiko somit aus einer neutralen Sphäre stammt - dies dem Auftraggeber angelastet werden kann.

Nach dem Willen des Gesetzgebers soll es eigentlich keine solche neutrale Sphäre gegeben, sodass in diesem Fall der Auftraggeber entsprechend zur Frachtzahlung verpflichtet bliebe.

Sachgerecht dürfte es stattdessen sein, in derartigen Fällen höherer Gewalt beiderseits keine Leistungspflichten bzw. Schadensersatzansprüche anzuerkennen.

Zu berücksichtigen ist aber, dass durch das Corona Virus die Erbringung der Leistungspflicht selbst - zumindest zeitweilig - unmöglich geworden sein muss.

Hierzu reicht es insb. nicht aus, dass aufgrund des Corona-Ausbruchs nur aus Sicht des Auftraggebers das Interesse an der Leistungserbringung entfällt. Dies gilt beispielsweise bei der behördlichen Absage von Messen, Konzerten oder sonstigen Veranstaltungen, da in diesen Fällen der Frachtvertrag selbst ja ausführbar bleibt.

Eine Entbindung des Frachtführers von der Durchführung des Vertrags kommt im Falle einer dauerhaften objektiven Unmöglichkeit im Sinne des § 275 BGB infrage.

Dies wäre der Fall, wenn in der aktuellen Lage kein Frachtführer auf Dauer den Vertrag erfüllen kann bzw. wenn ein Fixtermin vereinbart wurde, nach dessen Ablauf die Leistung für den Auftraggeber kein Interesse mehr hat.

Das Vorliegen eines solchen absoluten Hindernisses wäre beispielsweise bei umfassenden Fahrverboten, jedermann treffenden Ausgangssperren bzw. Quarantäne von Absender- oder Empfängerbetrieb oder der Sperrung von notwendigen Umschlagsplätzen denkbar.  


3. Lieferfristüberschreitungen

Sofern sich aufgrund der oben beschriebenen Umstände Schäden wegen Lieferfristüberschreitungen ergeben, ist zunächst zu prüfen, inwiefern die Verträge Bestimmungen für Fälle höherer Gewalt enthalten.

Bei Vereinbarung solcher Klauseln dürfte ein Verschulden des Frachtführers an der Verzögerung nicht anzunehmen sein, wenn sich die Pandemie im konkreten Falle auf seine Leistung ausgewirkt hat.

Andernfalls ließe sich - zumindest bei fehlender ausdrücklicher Bestimmung einer Lieferfrist -argumentieren, dass die „einem sorgfältigen Frachtführer unter Berücksichtigung der Umstände vernünftigerweise zuzubilligende Frist (=Lieferfrist)“ sich zumindest um die nicht vorhersehbaren Erschwernisse im Zuge des Corona-Virus verlängert.

Bei Verträgen, welche zum gegenwärtigen Zeitpunkt abgeschlossen werden, sollten allerdings vom Unternehmer entsprechende Einschränkungen mit in den Auftrag aufgenommen werden. Wenn ohne solche noch ein konkreter Liefertermin versprochen wird, dürfte nur in extremen Fällen ein Berufen auf höhere Gewalt zum Haftungsausschluss führen können.

Es genügt hierbei auch noch kein allgemeiner Verweis auf das Corona-Virus, vielmehr muss der Frachtführer konkret darlegen, warum die Einhaltung der Lieferfrist trotz größtmöglicher Sorgfalt nicht möglich gewesen ist.   


4. Hindernisse bei Speditionsverträgen

Für die Fälle der weit verbreiteten Fixkostenspedition, der Sammelladung und des Selbsteintritts gelten gegenüber dem Frachtvertrag keine Besonderheiten.

Im Falle reiner Speditionstätigkeit schuldet der Spediteur gemäß § 454 HGB die Besorgung der Versendung und hat hierzu pflichtgemäß entsprechende Verträge zu schließen und Vorkehrungen zu treffen. Eine Haftung des Spediteurs tritt gemäß § 461 Abs. 2 HGB nur dann ein, wenn der Spediteur hierbei nicht hinreichend sorgfältig gehandelt hat.

Vor dem Hintergrund der bekannten Einschränkungen durch das Corona Virus und der Interessenwahrungspflicht des Spediteurs dürfte im Rahmen der Auftragsabwicklung z.B. die Auswahl des Beförderungsmittels und der Beförderungsstrecke, sowie einer Zusage von Fristen zu einer Haftung des Spediteurs führen können. Prinzipiell gilt allerdings nach wie vor, dass der Auftraggeber - nach entsprechender Beratung durch den Spediteur - die wesentlichen Entscheidungen selbst trifft. Eine Undurchführbarkeit bzw. Verzögerung geht in diesem Fall daher zu dessen Lasten.

Im Übrigen wäre auch dann der Spediteur wohl von einer Haftung befreit, wenn sich die Verhältnisse seit Vertragsabschluss aufgrund Auswirkung des Corona Virus erheblich geändert haben.   


5. Deckung von Schäden über eine Transportversicherung

Eine Deckung für die hier hauptsächlich in Rede stehenden Schäden durch eine Verzögerung der Reise ist in der Warentransportversicherung grundsätzlich ausgeschlossen.

Im Wege einer sog. „Vermögensschadenklausel“ lassen sich jedoch auch solche Vermögensschäden durch Lieferfristüberschreitung in die Versicherung einbeziehen.

Enthält der Vertrag eine „all-risk“, also eine volle Deckung, beinhaltet diese auch Schäden, welche infolge des Corona-Virus eintreten.

Nach den in der Branche üblichen Bedingungen sind sog. reine Vermögensschäden, das sind solche, welche in Folge eines nach dem Versicherungsvertrag versicherten Transportes eintreten und nicht mit einem Güterschaden zusammenhängen, jedoch nur insofern versichert, als dass ein an diesem Transport beteiligter sog. Verkehrsträger, also ein Frachtführer, Lagerhalter, Umschlagunternehmen, im Rahmen eines Verkehrsvertrages nach deutschem Recht dem Grunde nach haftet.

Wenn der Verkehrsträger den Verspätungsschaden allerdings nicht zu vertreten hat (siehe oben unter 3.), entfällt eine Deckung. 

 

6. Nützliche Links zum Corona-Virus für die Transportbranche  

Lkw-Wartezeiten an Landesgrenzen

https://covid-19.sixfold.com/  


Verfügungen, Erlasse und Informationen für Unternehmen

http://www.logish.egeb.de/downloads/verschiedenes/   





 
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